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Bei mechanischen Prüfungen im Rahmen der EU-Spielzeugrichtlinie war festgestellt worden, dass Kinderpappbücher, die als Spielzeug gelten, den Sicherheitsstandards nicht genügen, weil Buchecken herausgebrochen werden können. Derzeit wird den Verlagen für diese Bücher deshalb das CE-Prüfsiegel verweigert. Praxisfremde Tests für Pappbilderbücher – Börsenverein fordert Überarbeitung der EU-Prüfungsbestimmungen
Ob die EU-Richtlinie aus Sicherheitsgründen gerechtfertigt ist, erscheint zweifelhaft. Die bearbeitenden EU-Koryphäen befürchten, dass Kinder Pappteile verschlucken und im schlimmsten Fall daran ersticken können. Experten allerdings haben von solchen Unglücksfällen noch nie gehört. "Ich habe mich mit vielen Unfällen bei Kleinkindern beschäftigt, sowas war nie dabei", sagt der Sprecher des Verbandes Nordrhein im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, der Kinderarzt Hermann Josef Kahl aus Düsseldorf gegenüber dem WDR. Gefahr gehe bei Büchern von Metallbeschlägen oder Plastikteilen aus. Auch beklebte Folien oder giftige Farben können ein Problem sein. Doch verschluckte Pappe: "Das ist übertrieben." Das sagt auch der Experte der Verbraucherzentrale NRW, Rolf Buschmann dem Kölner Sender: "Mir sind keine Probleme bekannt." Auch bei den betroffenen Buchverlagen läuten die Alarmglocken. Beürchtet wird nun, dass die Seiten der Bücher dicker bzw. aus anderen Materialien hergestellt werden müssen. Beides halten die Verlage für unpraktikabel. "Wir müssten unsere Kinderbücher aus dem Sortiment nehmen", sagt Katja Straub vom Düsseldorfer Patmos-Verlag gegenüber der aktuellen Stunde im WDR. Schon heute seien die Seiten der Bilderbücher fünf bis sechs Millimeter dick. Noch dickere Bücherseiten seien unhandlich, nicht mehr kindgerecht und zu teuer in der Herstellung. Das meint auch Ulrich Störiko-Blume, Geschäftsführer des Boje-Verlags aus Köln in der gleichen Sendung. "Diese EU-Regel ist bürokratischer Schwachsinn und realitätsfern", ereifert er sich. "Wenn Sie die Bücher so dick machen, dass sie nicht mehr reißen können, haben Sie einen Prügel von Buch, mit dem Sie einen erschlagen können." Ravensburger Geschäftsführerin Renate Herre kann diese Argumentation der EU-Strategen nicht nachvollziehen. Seit fast zwei Jahren setzt sie sich für angemessene Prüfbedingungen beim Pappbilderbuch ein. „Es gibt kein Produktsicherheitsrisiko bei Büchern, die ausschließlich aus Pappe und Papier bestehen“, sagt sie stellvertretend für die deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchverlage. „Dies ist durch zahlreiche medizinische Gutachten belegt. Daher ist es unverständlich, dass Pappbilderbücher den gleichen Testkriterien wie Spielzeug unterliegen.“ Die neue Richtlinie ist aber so gut wie beschlossen, so dass die neuen Regeln wohl spätestens 2010 in Kraft treten werden - als Teil der neuen Spielzeugrichtlinie der EU. Am Montag soll diese in Brüssel im EU-Parlament beschlossen werden. Die Zustimmung ist nach Meinung der Grünen-Parlamentarierin Heide Rühle reine Formsache. Und Europa wird um eine umstrittene Bestimmung reicher sein! |