Licensing Post im Gespräch mit Leonard Schmitz: Erfolgsstrategien im Sales & Retail Management

Lizenzbranche
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In unserem exklusiven Interview haben wir die Möglichkeit, mit Leonard Schmitz von Super RTL zu sprechen. Er ist verantwortlich für das Retail Management bei der Lizenzagentur Super RTL Licensing und verfügt über langjährigen Expertise und umfangreiche Erfahrung in der Welt des Handels. In unserem Gespräch berichtet er über Erfolgsstrategien und Herausforderungen, den besonderen Anspruch von Cross-Category-Platzierungen und die Bedeutung von Spielwaren im Licensing. Wir erhalten einen Einblick in die komplexen Zusammenhänge und dynamischen Entwicklungen des Retail Managements aus der Sicht einer Lizenzagentur.

Yvette Vaessen:
Im Namen der Licensing Post und unserer Leser möchte ich mich herzlich bei dir bedanken für die Einladung nach Köln und die Gelegenheit, dieses Interview zu führen. Gerne würden wir mehr über deine Arbeit erfahren. Seit wann besteht das Team und was ist die Kernaufgabe des Retail Managements bei Super RTL Licensing?

Leonard Schmitz:
Das Team gab es schon vor meiner Zeit bei Super RTL, insgesamt bereits seit über 10 Jahren. Ursprünglich hat das Retail Management um Nadine Kahmann und Claudia Baumbach zumeist Toy-Spezialisten betreut, weil der Fokus von Super RTL Licensing auf Kindermarken lag. Auch heute noch ist dies einer unserer Schwerpunkte. Wir sind regelmäßig im Austausch mit allen großen Toy-Retailern, vor allem mit den Master-Toy-Partnern unserer Marken. Dabei überprüfen wir zum Beispiel die Listung, launchen neue Artikel und besprechen Marketing-Pläne.

Yvette Vaessen:
Eurer Job scheint eine Koordinationsaufgabe zu sein. Ihr seid ja nicht Hersteller, sondern ihr seid diejenigen, die die Lizenz und das Produkt zusammenbringen.

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Leonard Schmitz:
Genau, eine unserer Hauptaufgaben besteht in der kompletten Koordination und im Informationsaustausch mit den Stakeholdern. Wir führen mit allen beteiligten Personen Gespräche und setzen Maßnahmen um, mit denen wir Marken und Produkte bestmöglich in der Handelslandschaft platzieren können. Dabei haben wir längst nicht mehr nur den Spielwarenhandel im Blick, sondern auch verstärkt den Lebensmitteleinzelhandel, Drogeriemärkte, Bekleidungsgeschäfte und den Discount-Bereich.

Yvette Vaessen:
Wie hat sich dieser Wandel ergeben?

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Leonard Schmitz:
Ein Treiber der Entwicklung war sicher die Pandemiezeit, in der Spielwarengeschäfte schließen mussten. Wir standen vor der Frage: Wie können wir unter diesen Umständen unsere Marken im Handel platzieren? Dabei sind neue Konzepte für Lebensmitteleinzelhandel und Discount entstanden, etwa im Apparel-Segment.

Yvette Vaessen:
Sind Apparel-Sortimente beim Discounter stärker als Toys?

Leonard Schmitz:
Ja, das liegt auch daran, dass viele Spielwaren-Markenartikel hochpreisig sind. Alternativ gibt es oft kleinere Versionen, die zumeist für einen speziellen Retailer produziert werden. Beim Discounter sind es dann eher die niedrigpreisigen Artikel, die die Kundschaft spontan für ihr Kind mitnimmt. Solche Impulskäufe liegen meist bei unter 10 Euro, deswegen spielen Toys im Vergleich zu Apparel bei den Discountern eine kleinere Rolle.

Yvette Vaessen:
Wie kommen da die Produkthersteller mit ins Spiel? Kleinere Hersteller haben ja nicht unbedingt eine Listung bei Lidl oder Aldi.

Leonard Schmitz:
Auch hier unterstützen wir als Retail-Team unsere Partner. Einerseits prüfen wir, mit welchen Lieferanten die Discounter bereits auf welchem Gebiet zusammenarbeiten. Andererseits helfen wir auch, indem wir bestehende Partner einlisten. Für eine Platzierung in der Größenordnung von Lidl und Aldi ist aber auch auf Herstellerseite schon eine gewisse Größe erforderlich.

Yvette Vaessen:
Bei den großen Discountern ist auch die Warenlieferung sehr komplex – von der Dokumentation, Anforderungen und Information über Materialien bis hin zu Anlieferfenstern über mehrere Lieferhubs zu bestimmten Zeitpunkten. Wie geht ihr damit um?

Leonard Schmitz:
Genau deswegen haben Retailer sogenannte "Preferred Supplier", mit denen solche Dinge produktübergreifend geregelt werden. Unsere Aufgabe ist es, sehr genau auszutarieren, welche Produktkategorie für welchen Retailer geeignet ist, und dann zu schauen, welche Hersteller diese mit welcher Lizenz optimal abdecken können.

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Yvette Vaessen:
Welche Kategorien habt ihr neben den bereits erwähnten noch im Fokus?

Leonard Schmitz:
Der Food-Bereich wird für uns immer wichtiger. Auch darin liegt eine Herausforderung, weil er sehr komplex ist und ganz anders funktioniert als der Non-Food-Bereich. Hier sind wir noch dabei, das Feld weiter zu erschließen.

Yvette Vaessen:
Die großen Lebensmittelhersteller wie Nestlé, Danone oder Unilever haben schon direkte Kontakte zum Handel und sind gelistet mit all den notwendigen Daten. Aber das große Ziel für eine Lizenz ist es ja, eine ganze Themenwelt darzustellen, in der eine Food-Platzierung Hand in Hand geht mit anderen Kategorien. Sprich: Cross-Category-Platzierung. Ist das für euch als Retail-Team erstmal der Fokus und wichtiger als eine Einzellistung und die Regalplatzierung?

Leonard Schmitz:
Cross Category ist natürlich ein entscheidender Ansatz für uns. Trotzdem sind auch einzelne Listungen und Regalplatzierungen wichtig, weil wir dadurch Erfolgscases generieren. Das sichert uns das Vertrauen der Verantwortlichen im Einkauf. Und Vertrauen ist die Voraussetzung für größere Planungen.

Der Cross-Category-Ansatz erfordert eine solche Planung. Dafür brauchen wir aufeinander abgestimmte Produkte, meistens von mehreren Herstellern, die dieselbe Geschichte erzählen und demselben Style Guide folgen. Ziel ist es, eine große Sichtbarkeit zu bekommen und ein Markenerlebnis im Retail zu schaffen. Darauf bauen dann die weiteren Marketing-Maßnahmen auf – von größeren Aufbauten im Laden bis hin zur Präsenz im Online-Shop und Newsletter.

Yvette Vaessen:
Bei einem solchen Projekt müsst ihr sicher auch die Vorlaufzeiten des Lieferanten berücksichtigen. Da stellst sich die Frage: Woran arbeitet ihr aktuell? Plant ihr schon für das Jahr 2025, oder wie muss ich mir das vorstellen?

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Leonard Schmitz:
Das kommt sehr auf den Partner an und ist je nach Händler unterschiedlich. Im Discount-Bereich platzieren wir die Themen tatsächlich mit zwei Jahren Vorlauf. Beim Lebensmitteleinzelhandel besprechen wir die tiefere Einplanung ca. anderthalb Jahre vorher. Bei anderen Händlern ist ca. ein Jahr Vorlauf in Ordnung. Das ist dann aber auch das Minimum, um eine Cross-Category-Maßnahme ohne Risiko umsetzen zu können.

Yvette Vaessen:
Bei so langen Vorlaufzeiten plant ihr aber durchaus ins Nebulöse, oder? Es kann ja sein, dass über die aktuelle Toplizenz in zwei Jahren keiner mehr spricht, weil sie zwischenzeitlich keinen Content mehr geliefert und die Zielgruppe nicht mehr angesprochen hat. Wählt ihr für solche Retail-Aktionen nur Marken aus, die entsprechend langfristig bespielt werden?

Leonard Schmitz:
Auch das ist unterschiedlich. Wir haben sowohl Marken im Portfolio, die viele Jahre dabei sind, als auch Neuzugänge. Wichtig ist aber, dass wir für jede Marke einen langfristigen Plan haben. Ob im Bereich Content oder Marketing – wir setzen gezielt Highlights, und die Händler wissen, dass sie uns auf lange Sicht vertrauen können. Denn mit Super RTL als marktführendem Anbieter von Kinderunterhaltung haben wir von TV über digitale Kanäle bis hin zu Events alle denkbaren Plattformen, um Marken nachhaltig aufzubauen und auf Dauer frisch zu halten.

Unser USP ist dabei der permanente Content. Entscheidend für unsere Marken ist, dass sie aktuell sind, dass immer etwas Neues kommt und dass sie rund um die Uhr für ihre Fans abrufbar sind. Das verschafft ihnen eine dauerhafte Präsenz im Markt – und nicht nur einen einmaligen Push, wie ihn zum Beispiel ein einzelner Kinofilm liefert.

Yvette Vaessen:
Solche Marken sind aber nicht nur für die großen Player spannend. Was ist mit dem kleinen Fachhändler? Als Herausgeber der "Spielwaren Insights" müssen wir das unbedingt fragen: Wie nehmt ihr diesen mit?

Leonard Schmitz:
Wir im Retail Management gehen nicht direkt zum Fachhandel, sondern arbeiten mit dem Großhandel des Fachhandels zusammen. Wir sprechen also zum Beispiel mit EK-Service, Idee & Spiel und Vedes über unsere Marken und Lizenz-Updates. Dort stellen wir unser Partner-Portfolio vor und liefen verschiedene POS-Materialien an, mit denen sie den Fachhandel unterstützen können, etwa Aufsteller und Give-aways für verschiedene Aktionen, Events oder auch Gewinnspiele.

Yvette Vaessen:
Gibt es bei manchen Lizenzen und Marken auch Einschränkungen? Vor einigen Jahren wollte ja so mancher Rechteinhaber seine Marke nicht über Amazon vertreiben lassen.

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Leonard Schmitz:
Ich glaube, diese Zeit ist vorbei. Heutzutage muss man auch auf den großen Online-Marktplätzen präsent sein. Die Frage ist eher: Wie findet man auf die richtige Weise statt? Dort aus der Masse herauszustechen, bedeutet oft großen Aufwand.

Abgesehen davon, gibt es nur vereinzelt Beschränkungen. Wenn wir beim Rechtgeber unsere Retail-Pläne vorstellen, kommt es ab und zu vor, dass dieser in bestimmten Bereichen nicht präsent sein möchte. In der Regel werden unsere Vorschläge aber sehr gut angenommen und wir konnten die allermeisten Ideen erfolgreich umsetzen

Yvette Vaessen:
Ist denn schonmal eine Aktion richtig schiefgelaufen?

Leonard Schmitz:
Klar geht nicht immer alles glatt. Wenn zum Beispiel beim Händler plötzlich Warendruck entsteht, kann das einiges durcheinanderbringen. Als Retail Manager kannst du vieles bedenken, aber nicht alles steuern. Was hilft, ist ein gutes Partnernetzwerk, ein stabiles Vertrauensverhältnis und transparente Kommunikation. Wenn man dann seine Learnings aus den Problempunkten zieht, kann man zukünftige Aktionen noch besser aufbauen.

Yvette Vaessen:
Wie genau plant ihr denn solche Aktionen mit Blick auf das Marketing? Und wer trägt die Kosten?

Leonard Schmitz:
Das ist zumeist ein Mix aus sehr vielen Bausteinen. Wir von Super RTL planen Marketing-Maßnahmen über das ganze Jahr. Diese sind eher auf Awareness ausgelegt als auf Produkte, aber wir nutzen gezielt bestimmte Highlight-Zeitpunkte, um entsprechende Retail-Aktionen umzusetzen. Bei Cross-Category-Aktionen sprechen sich alle Stakeholder ab: Retailer, Lizenznehmer, Lizenzgeber und wir als Agentur. Wir koordinieren, dass alle ihre Plattformen bestmöglich für die Aktion einsetzen. Die Kosten für Paid Media tragen dann alle zusammen.

Yvette Vaessen:
Mit den TOGGO Plattformen habt ihr natürlich ein perfektes Umfeld, um Marken erstrahlen zu lassen.

Leonard Schmitz:
Genau, unter der Dachmarke TOGGO gibt es jede Menge Content zu unseren Marken – und zwar im TV, Online, Radio, in Apps, Games oder sogar bei Live-Events wie der TOGGO Tour, die gerade wieder in Deutschland unterwegs ist. Damit bietet SUPER RTL diverse Touchpoints, durch die Kinder in eine geschützte Markenwelt kommen können, die auch bei Eltern hohes Vertrauen genießt. Und das verschafft uns auch im Retail eine starke Position und immer wieder neue Möglichkeiten.

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Yvette Vaessen:
Ich danke dir, Leon, für das interessante Gespräch. Das hat viel Spaß gemacht und war sehr aufschlussreich.

Dieses spannende Gespräch durften wir im Juni 2023 bei Super RTl Licensing in Köln führen. Wir bedanken uns sehr herzlich für diese fantastische Gelegenheit unseren Lesern einen tieferen Einblick ins Retail Management zu geben, auch bei dem gesamten Team vor Ort.

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